Brexit

Brexit - Hinweise für Unternehmen zur Vorbereitung auf das Ende der Übergangsphase

Von Mathias Dubbert, Referatsleiter Europapolitik, DIHK Brüssel

Stand der Verhandlungen

Am 31. Januar 2020 ist das Vereinigte Königreich (UK) aus der EU ausgetreten. Seither und bis zum Ende des Jahres 2020 gilt eine Übergangsphase, in der die wirtschaftlichen Beziehungen nach den Regeln des EU-Binnenmarkts erfolgen. Doch bis heute wissen die Unternehmen nicht, wie die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und dem UK ab 1. Januar 2021 ausgestaltet sein werden. Von Seiten der EU wird weiterhin darauf hingearbeitet, Regelungen in Bezug auf ein LevelPlaying-Field zu erzielen. Dazu gehören unter anderem einheitliche Regelungen zu Staatsbeihilfen und Umweltstandards, um auch künftig einen offenen und fairen Wettbewerb zwischen der EU und dem UK zu gewährleisten. Zudem soll es ein umfassendes Abkommen ohne Mengenbeschränkungen und ohne Zölle für Waren geben.
Die Zeit für eine Einigung ist denkbar knapp. Um ein rechtzeitiges Inkrafttreten eines Abkommens unmittelbar nach dem Ende der Übergangsphase am 31. Dezember 2020 garantieren zu können, müssen die Verhandlungen zeitnah abgeschlossen sein. Ein Handelsvertrag über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und UK müsste sowohl vom Europäischen als auch vom britischen Parlament ratifiziert werden und auch die nationalen Regierungen der EU benötigen Zeit für die Implementierung des Vertrages.

Unternehmen sollten sich auf Ende der Übergangsphase vorbereiten

Die EU-Kommission hat die Mitteilung „Getting ready for change“ herausgegeben, in der sie einen Überblick über die Veränderungen gibt, die nach dem Ende der Übergangsphase auf die Unternehmen zukommen, wenn das Vereinigte Königreich den EU-Binnenmarkt und die Zollunion verlässt. Die folgenden Punkte sind für Unternehmen ab dem kommenden Jahr zu berücksichtigen - selbst wenn noch ein Abkommen ausgehandelt würde:

Neue Zollbestimmungen

Für den Warenverkehr mit UK sind ab dem 1. Januar 2021 neue Zollbestimmungen und Zollformalitäten zu beachten. EU-Unternehmen, die Waren in das Vereinigte Königreich exportieren oder aus diesem importieren, müssen zukünftig über eine EORI-Nummer der EU (Nummer zur Identifizierung und Registrierung von Wirtschaftsbeteiligten) verfügen. 
Abgesehen davon müsste für den Fall, dass ein Freihandelsabkommen zustande kommt, Folgendes beachtet werden: Für in die EU importierte Ware müsste dann die Ursprungseigenschaft nachzuweisen sein, um ein eventuelles Freihandelsabkommen nutzen zu können. Materialien mit Ursprung „Vereinigtes Königreich“ tragen dann nur noch im bilateralen Handelsverhältnis zwischen EU und UK zum Erreichen des Präferenzursprungs und somit zu Zollvergünstigungen bei. Im Verhältnis mit Drittländern verlieren britische Vormaterialien dagegen ihre präferenzielle Ursprungseigenschaft. Falls Transportwege über das Vereinigte Königreich führen, sind Direktbeförderungsklauseln zu beachten.

Warentransport wird beeinträchtigt

Für die Warentransportwege per Luft, Straße und Schiene ist zu beachten, dass vom UK erteilte Bescheinigungen und Betriebsgenehmigungen ihre Gültigkeit in der EU verlieren werden. Dabei geht es unter anderem um Sicherheitsfragen sowohl bei Personal als auch bei der Betriebserlaubnis. Zudem entfällt die europäische Kabotage-Regelung für das UK. Alle Verkehrsunternehmen, die Beförderungen zwischen der EU und dem UK anbieten, müssen daher sicherstellen, dass sie ab dem 1. Januar 2021 über die notwendigen Bescheinigungen und Betriebsgenehmigungen verfügen.

Drittstaatenregelungen bei Dienstleistungen

Für den Handel mit Dienstleistungen fallen zum Jahresbeginn die Niederlassungsfreiheit und der freie Dienstleistungsverkehr im Sinne der Unionsverträge weg. Um Zugang zum EU-Binnenmarkt zu erhalten, müssen Dienstleister nachweisen, dass alle Vorschriften eingehalten werden und alle Genehmigungen vorliegen, die für die Ausübung der Dienstleistung in der EU nötig sind. Bei Finanzdienstleistungen gelten nach Ende der Übergangsfrist nur noch die üblichen Drittstaatenregelungen des betreffenden Mitgliedstaates.

Einschränkungen bei Zertifizierungen sowie Exportbeschränkungen

Konformitätsbewertungen und Zertifizierungen von Prüfstellen aus dem Vereinigten Königreich sind in der EU nicht mehr gültig. Zudem gelten für bestimmte Güter – unter anderem chemische Produkte, Abfall- und Dual-Use-Güter – ab 1. Januar 2021 Import- und Exportverbote bzw. - beschränkungen. Chemikalienregistrierungen, die über REACH erfolgt sind, werden für ein eigenes britisches System erneut vorgenommen werden müssen.

Vorschriften und Garantien bei der Datenübermittlung

Ab dem 1. Januar 2021 muss die Übermittlung personenbezogener Daten den Vorschriften und Garantien der EU für Drittstaaten entsprechen. Das notwendige Schutzniveau kann zudem über einen „Angemessenheitsbeschluss“ der EU-Kommission hergestellt werden. Es ist jedoch nicht klar, ob dies vor dem Ende der Übergangsphase geschehen wird. Unternehmen sollten daher geeignete Garantien, wie sie in der DSGVO vorgesehen sind, unter anderem über verbindliche interne Datenschutzvorschriften oder durch spezifische Ausnahmeregelungen vornehmen.

Zölle im Falle eines No-Deal

Käme bis Jahresende kein Abkommen zustande, kämen unter anderem Zölle hinzu. Importierte Waren aus dem Vereinigten Königreich würden dann nach dem gemeinsamen Zolltarif der EU verzollt und exportierte Güter in das UK würden nach dem Zollsatz Großbritanniens mit Zöllen belegt.

Informationen der britischen Regierung zu Einfuhren in das Vereinigte Königreich

Laut dem „Border Operating Model“ der britischen Regierung werden sich Importhändler von Standardware (Kleidung, Elektronik etc.) ab dem 1. Januar 2021 auf grundlegende Zollanforderungen vorbereiten müssen. Dazu gehören detaillierte Aufzeichnungen über die importierten Waren. Außerdem müssen Händler dann eine Mehrwertsteuer auf ihre Produkte entrichten. Innerhalb eines Zeitfensters von sechs Monaten können die Zollerklärungen nachgereicht werden. Ab April 2021 sind dann für alle regulierten Pflanzen und Pflanzenprodukte sowie alle tierischen Produkte (Honig-, Fleisch-, Milchprodukte etc.) Voranmeldungen erforderlich und Gesundheitsdokumente vorzulegen. Ab Juli 2021 müssen dann für alle Importgüter die erforderlichen Zollerklärungen zum Zeitpunkt des Imports vorliegen.

Das müssen Unternehmen im Handel mit UK ab 1. Januar 2020 beachten

  • Unabhängig vom Ausgang der Brexit-Verhandlungen gibt es ab Januar 2021 neue Zollbestimmungen
  • Eine europäische EORI-Nummer ist ab 2021 für Im- und Exporte verpflichtend
  • Im Falle eines Abkommens sollte die Ursprungseigenschaft nachgewiesen werden, ansonsten wird – trotz eines eventuellen Handelsabkommens – ein Zoll erhoben
  • Konformitätsbewertungen und Zertifizierungen, welche von Prüfstellen aus dem Vereinigten Königreich ausgestellt werden, sind innerhalb der EU nicht mehr gültig
  • Britische Betriebsgenehmigungen und Bescheinigungen für Verkehrsunternehmen verlieren in der EU ihre Gültigkeit
  • Beim Handel mit Dienstleistungen fallen ab 2021 die Niederlassungsfreiheit und der freie Dienstleistungsverkehr weg
  • Für das Vereinigte Königreich gelten ab 2021 Export- und Importverbote für chemische Produkte, Abfall- und Dual-Use Güter
  • Besondere Vorschriften und Garantien bei der Datenübermittlung werden notwendig
  • Wenn es kein Abkommen geben sollte, kommen u. a. Zölle im Handel mit UK hinzu
                (Quelle: Mitteilung der EU-Kommission „Getting ready for change“)